Schwager wollte unbedingt testen, wie sich antike Kawa ohne ABS bei einer Vollbremsung verhält. Liegt jetzt mit diversen gebrochenen Skelettteilen Zuhause und ich darf Schwester zur Metal Night begleiten. Iron Maiden und Judas Priest zuletzt in den Achtzigern gehört. Bin gespannt, wie verwöhnte Ohren auf Coverbands reagieren.
Frage, ob wir Masken brauchen, wird von jungen Dame am Eingang, die Impfnachweise sehen will, schulterzuckend kommentiert: "Eigentlich schon. Hat aber niemand auf." Oookaay!!! Wir vertrauen dann mal auf Biontech und Moderna.
Als erstes laufen wir Tony Iommi mit glatten Haaren in die Arme, der eigentlich mehr Ähnlichkeit mit Conchita Wurst hat. Das könnte noch interessant werden.
Innen jede Menge Möchtegern-Hells Angels, die mit ernster Miene kaum sichtbar im Takt nicken. Heutiger Dresscode: (Leder-)Jeans, Iron Maiden Shirt, dunkle Jacke und gegebenenfalls Kutte. Schwarz ist jedenfalls die Farbe des Abends.
Nächster Tisch optische Zeitreise in die Achtziger, zu dem sich auch Conchita aka Tony gesellt. Enge stonewashed Röhrenjeans, Tennissocken bzw. Cowboystiefel, rote Motorradjacke und jede Menge Haare. Dabei senken die Jungs den Altersdurchschnitt locker um fünf Jahre und haben sichtlich Spaß.
Vereinzelt werden stark geschminkte Doro Pesch Doubles in schwarzem Leder und wasserstoffblonder Mähne gesichtet, die in Coolness den Kuttenträgern nicht nachstehen.
Dieses Konglomerat aus skurrilen Typen wird noch zusätzlich von einem jungen Mann mit geistigem Handicap aufgemischt, der in völligem Kontrast zu den Bikern, fröhlich wie ein Flummi durch die Menge titsch und von ihnen mit High-Five abgeklatscht wird.
Tony-Conchita ist tatsäch der Gitarrist der Black Sabbath Coverband und macht seine Sache ziemlich gut. Der blonde Ozzy, hat verstörenderweise mich als Flirtobjekt auserkoren und wirft mir Blicke zu, die leider auch dem restlichen Publikum nicht entgehen. Bin unschlüssig, ob ich mich geehrt fühlen soll. Meine Begleiter:innen sparen nicht mit Spott.
Die nächste Band hat optisch nichts von ihren Idolen gemein. Bruce Dickinsons Stimme ist der Hammer, aber mich verwirrt die Ähnlichkeit zu Nino de Angelo. Die Biker laufen zur Höchstform auf, um nach dem Auftritt erschöpft von ihren Frauen abgeholt zu werden. Sie haben zum Schluss aber auch alles gegeben. Lustig, wie mit jedem Bier die Coolness wich und sie headbangend und Pommesgabel schwingend vor der Bühne standen. Das schreit nach einer Extra-Portion Rheumasalbe.
Jetzt hat sich Ozzy in Rob Halford verwandelt und liefert Judas Priest Stücke ab. Verrückt, aber gut. Flirtversuche werden weiter ignoriert.
Kommunikation mit Schwester mittlerweile durch Gesten. Unser Gehör ist etwas in Mitleidenschaft gezogen.