Es war einmal vor sehr, sehr langer Zeit, da gingen die Mensch:innen noch täglich ins Büro. Also, die, die im Büro arbeiteten, alle anderen gingen natürlich nicht ins Büro, sondern in die Backstube, Fabrik, aufs Revier oder weiß der Geier, wohin. So war es üblich, an mehreren Tagen der Woche früh aufzustehen, Bütterchen zum Mitnehmen vorzubereiten und anschließend mit oder ohne Coffee to go in ein Verkehrsmittel seiner Wahl zu steigen, um an den Arbeitsplatz zu gelangen.
Viele von ihnen waren sehr lange unterwegs. Denn oftmals waren die Straßen überfüllt, oder die Busse und Bahnen fuhren übelst unregelmäßig. Trotzdem ware die Mensch:innen dankbar, eine Arbeit zu haben, damit sie ihre Kinder ernähren, oder alternativ das Fitnessstudio und die Miete zahlen zu können, oder einfach nur eine Aufgabe hatten. Deswegen haben sie sich keine Gedanken über die verlorene Zeit gemacht. Es war halt so und sie konnten es nicht ohne sehr große finanzielle Verluste ändern.
Eines Tages jedoch wurden sehr viele Mensch:innen krank, mussten ins Krankenhaus und einige von ihnen starben sogar. Da diese Krankheit sehr ansteckend war, ordneten die Staatsoberhäupter an, dass diejenigen, die einen Bürojob hatten, von Zuhause arbeiten sollen. Die Arbeitnehmer:innen waren verwirrt. Sie fragten sich, wie das gehen wird. Von Zuhause arbeiten? Sie bekamen Computer und Scanner, haben ihre Büro-Telefone umgeleitet und arbeiteten mit digitalen Unterschriften. Und es ging gut. Sehr gut sogar! So gut, dass viele nicht mehr zurück ins Büro wollten.
Allerdings haben sich nach anderthalb Jahren Homeoffice ein paar Eigenheiten eingeschlichen. Während man zu Beginn der Pandemie noch früh aufgestanden ist und pünktlich am Rechner saß, verschob sich nach und nach der Arbeitsbeginn immer weiter nach hinten. Dann hat man halt abends länger gemacht. Wen juckt's? Durch den Wegfall der Wegstrecke und die zusätzliche Zeit, die man einspart, weil z.B. das Frühstück während der Arbeitszeit zubereitet wird, bleibt man eben ein wenig länger im Bett. Auf einmal ist es sogar so, dass man sich darüber entrüstet, dass die Fahrtzeit an den ein oder zwei Tagen in der Woche, an denen man ins Büro muss, nicht auf die Arbeitszeit angerechnet wird und zu Lasten der Freizeit geht. Welch eine Zumutung! Auch, dass man an diesen Tagen den liebgewonnenen Schlabberlook gegen ordentliche Jeans und Bluse eintauscht und sogar Socken anziehen muss, ist ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht. Aber man ist alt und hat nicht mehr die Kraft, sich dagegen aufzulehen. Also reiht man sich adrett gekleidet mit dem Auto in die Schlange der Arbeitswilligen, und flucht gepflegt über idiotische Verkehrsteilnehmer:innen, die selbstredend schlechter fahren als man selbst. Auch das gehörte damals zum Arbeitsalltag und man gewöhnt sich schnell wieder daran.
Im Büro angekommen wird erst einmal die Zeit bis zur Eisatzbereitschaft des Desktop-PCs damit vertrieben, der Padmaschine einigermaßen trinkbaren Kaffee zu entlocken. Dass der Kaffe nach ein paar Tagen ungenutzer Maschine nicht sonderlich köstlich ist, ist ja noch nachvollziehbar, aber das Rumzicken des Computers erinnert mich doch ein wenig an meine Katze, die gegen ihre subjektiv empfundene Vernachlässigung protestierte, indem sie sich regelmäßig auf der Auslegeware erleichterte. Computer können natürlich nichts physisch ausscheiden. Aber sie können dich mit endlosen Updates zur Weißglut bringen. Es dauert ungelogen dreißig(!) Minuten, bis ich auch nur ansatzweise arbeiten kann. Bei zwei Halbtagsstellen in verschiedenen Büros mit identischen Rechnern verdoppelt sich der Spaß. Yay!
Neben der liebevollen Pflege der Kaffeemaschine in der durch den Computer verordneten Wartezeit, gilt meine Aufmerksamkeit auch der leise vor sich hinsterbenden Büroflora. Mein Verhältnis zu Pflanzen bzw. das der Pflanzen zu mir gestaltet sich ähnlich wie das meiner Katze zu mir. Wenn sie nicht genügend Aufmerksamkeit bekommen, werfen sie ihre Blätter ab. In regelmäßigen Abständen zieren ziemlich knusprige Benjamins mein Wohnzimmer. Alle anderen Gewächse haben bereits vollständig kapituliert, doch die Benjamins haben ein bemerkenswertes Durchhaltevermögen. Sie sind der Chuck Norris unter den Zimmerpflanzen.
Im Büro hat sich der Bestand ebenfalls drastisch reduziert. Eigentlich sollte ich sie erlösen, aber solange noch Leben in ihnen ist, bringe ich es nicht übers Herz. Ein langsamer, qualvoller Tod durch Verdursten. Das muss man bei Sukkulenten erst einmal schaffen. Nicht schön anzusehen, aber Euthanasie ist definitiv keine Option. Vielleicht bekrabbeln (äußerst beunruhigende Vokabel im Zusammenhang mit Pflanzen!) sie sich ja, wenn ich wieder öfter da bin. Wenn!!! Ich bin alt und brauche meine gewohnte Umgebung. Ob das als Begründung von der Chefetage akzeptiert wird?
Was wollte ich eigentlich sagen? Ich hab`s vergessen. Aber Danke, dass ihr bis hierhin gelesen habt.
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