Eine im Haushalt lebende männliche Person, deren Name ich aus Gründen der Privatsphäre nicht nennen möchte, verweilt gerade im Ausland. Zeit, das verwaiste Zimmer auf Vordermann zu bringen. Bisherige Aufräum- und Säuberungsaktionen des Bewohners verliefen eigentlich immer gleich unbefriedigend: Ca. ein Drittel des herumliegenden Leerguts wurde aufgesammelt und nach unten gebracht, ein weiteres Drittel im Kleiderschrank versteckt, der Rest dekorativ liegen gelassen und drumherum gestaubsaugt. Darüber hinaus wurden Essensreste der letzten fünf Mahlzeiten entsorgt und ab und an die Bettwäsche gewechselt. Fertig!
Stehe vorerst orientierungslos im Zimmer und verschaffe mir einen Überblick. Ziehe als erstes das Bett ab. Muss dafür zahlreiche Sofakissen entfernen, die umgehend in der Wäsche landen und den Blick auf den Zwischenraum zur Wand freigeben. Das lässt vermuten, dass die Aktion länger dauern könnte. Neben einer angefangenen Wodka-Flasche (nicht wirklich ein Grund zur Besorgnis), sammle ich noch jede Menge Geld, Schokopapier und Flaschenverschlüsse ein. Befreie den Boden von leeren Flaschen ohne Verschlüsse, Geld, Textilien und Kabeln, die zwar in der Steckdose stecken, aber denen ich kein Gerät zuordnen kann. Rieche an der Klamotten-Lasagne in der Ecke. Sauber gefaltete T-Shirts wurden abwechselnd mit müffelnden Socken geschichtet. Muss noch Nachschub an Wäschekörben holen. Finde Dinge wieder, die wir schon seit Jahren suchen. Jeder, der mit Heranwachsenden in einem Haushalt lebt, ahnt, was ich gerade gesehen habe und nickt jetzt wissend.
Ergebnis der Aktion, die aufgrund eines defekten Staubsaugers noch fortgesetzt werden muss: 1 voller Abfalleimer, 1 großer Müllsack Leergut, 3 Körbe Schmutzwäsche, tonnenweise Kleingeld, das reichen könnte, um einen SUV anzuzahlen. Desweiteren schmerzlich vermisste Dinge wie Sitzbankreiniger, Reisetasche, Ausweis vom Fitnessstudio, mein Lieblingskugelschreiber, Maßbänder, Putzlappen(???), Gewindeschneider, wichtige Rechnungen, Kirschkernkissen, Adventskalender (bin mir nicht sicher, aus welchem Jahr). Und wem zum Teufel gehört dieses hässliche Brillenetui? Hoffentlich weiß Mitbewohner diese Serviceleistung zu schätzen und verlangt nicht sein Geld zurück.
Haben Autoren von Elternzeitschriften und Erziehungsratgebern eigentlich perfekt erzogene Kinder? (Ist das gendergerecht oder heißt das jetzt Kinder:innen? Blicke da nicht mehr durch.)
Das Foto dient nur zur Aufmerksamkeit. Ich wollte euch den verstörenden Anblick ersparen.
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